Unser letzter Urlaubstag ist angebrochen. Wir lassen es gemütlich angehen. Statt einer Tour, wie ich ja erst vorhatte, wollen wir heute einfach nur laufen. Gestern den ganzen Tag im Zug gehockt, morgen den ganzen Tag im Flieger. Da kommt Laufen heute überaus recht. Allerdings ist es auch hier heiß. Anders heiß als an den Strönden im Süden und in den Bergen des Nordens. Irgendwie drückender. Der Verkehr hier ist der Wahnsinn! Wir folgen erst Mal der Empfehlung Ballys (unseres Vermieters) und gehen in ein typisch thailändisches Restaurant zum Frühstücken. Jochen hätte da nicht gefrühstückt – ist wieder so ein Mitläuferding. Das sich dann aber als echt gut rausstellt. Ich lasse mir alles erklären und wir probieren dann einfach mal aus. Es schmeckt wie meistens sehr gut. Die großen Töpfe mit den undefinierbaren Curries und Suppen, in denen z.T. ganze Tierteile drinschwimmen, sind echt nicht appetitlich, aber das, was dann auf dem Teller ist, ist lecker. Klar wäre so ein Burger oder ein American Breakfast definierbarer – obwohl … möchte nicht wissen, was in den Burgern drin ist – hehehe. Ich finde es toll, dass Bally so gute Empfehlungen weitergibt und satt können wir uns unserem Sightseeing widmen.
Als ich an einer Straßenkreuzung versuche, das Objekt in der Kreuzungsmitte ohne Autos abzulichten, spricht mich ein Mann an, der mir den Tipp gibt, hier nachts herzukommen, weil es dann nicht nur leer sondern auch toll beleuchtet ist. Wir kommen ins Gespräch und er gibt uns Tipps, wo wir heute hingehen sollten. Es ist ein lucky day für uns, weil es nämlich Buddha Day ist. Wussten wir nicht. Heißt aber, dass in vielen Tempeln gebetet wird und der Eintritt zu einigen sogar frei ist deshalb. Er zeichnet uns direkt auf Ballys Karte alle Tempel ein, erklärt uns noch, dass wir zum Grand Palace und in den Wat Pho erst nach 13 Uhr sollen, weil davor gebetet wird und dass Jochen lange Hosen für den Palast braucht. Außerdem rät er uns noch, zur Thai Silk Factory zu gehen. Aha… das kenn ich doch. Hatten wir sowas nicht schon in Phuket? Diese Pseydo-Shoppingempfehlungen? Ich erklär ihm. dass wir mit Rucksäcken in Thailand sind, um Land und Leute zu entdecken und nicht shoppen möchten. Er meint nur, das sei eine ganz besondere Möglichkeit, weil der Laden nur 7 Tage offen hätte und dann nicht mehr. Den ganzen aufgezeigten Weg könnte uns ein tuktuk-Fahrer für 80 Baht fahren. Das hört sich ja mal nicht schlecht an. Er rekrutiert direkt einen für uns und wir freuen uns über die angenehme Fahrt im winddurchwehten tuktuk. Der erste Tempel ist echt ein schnuckeliges Kleinod.











Als ich das erste Foto schieße, belehrt mich ein Mann, dass heute Buddha Day ist und ich deshalb nicht fotografieren dürfe. Ich entschuldige mich natürlich und er meint nur, das sei nicht schlimm, deshalb erkläre er mir das ja. Es stellt sich in unserer weiteren Unterhaltung raus, dass er Account Manager bei der Thai Bank ist und bereits zu Geschäftsreisen zur Deutschen Bank in Frankfurt war. Echt witzig! Er hat heute frei zum Beten. Ihn interessiert vor allem, wie wir denn auf diesen Tempel gekommen seien, weil da normalerweise kein Tourist hinkommt. Also erzähle ich ihm die Story und als er die anderen Stationen wissen will interviewe ich ihn bezüglich der Thai Silk Factory. Er empfiehlt uns diesen Besuch auf jeden Fall. Das hätte nichts zu tun mit den Factories, in die die Touris im Süden verfrachtet werden. Er wäre selbst gerade gestern mit Frau und Sohn dagewesen und habe sich 3 neue Anzüge bestellt – zu jeweils 12000 Baht. Da bleibt mir schon bissl die Spucke weg. Also Schnäppchen ist anders. Aber es handelt sich hier – wir werden voll informiert – um edelste Materialien. 100% Seide und 100% Kashmir. Die Qualität ist sonst nirgendwo zu bekommen. Als ich ihm sage, dass wir in Deutschland keine Anzüge für die Arbeit brauchen, meinte er nur „You never know, what the future will bring“. Weise Worte… Nach zwei so unabhängigen Empfehlungen lassen wir uns als nächstes also zu der Thai Silk Factory fahren. Es ist mittlerweile schon nach 11 Uhr und als wir ankommen, werden wir – analog zu den Buden im Süden – direkt auf die Couch verfrachtet und mit kalten Getränken versorgt. Was wir denn haben wollten. Ja …eigentlich ja nix, gell? Wir haben schneller jeder einen Katalog in der Hand, als wir nein sagen können. Ein Betrieb ist in dem Laden, das ist unglaublich. Sowohl Einheimische als auch Touristen (sogar sehr junge) sind hier und lassen sich beraten und vermessen! Wir entscheiden uns dann tatsächlich dafür, für Jochen einen Anzug und 2 Casual Hosen – jeweils 100% Kashmir – und 4 Hemden und für mich ein langes braunes Kleid für Parties oder festliche Anlässe (100% Seide) und ein dunkelblaues Businesskleid aus dem gleichen Stoff wie Jochens Anzug zu kaufen. Der Preis: 50000 Baht. Ja, das ist ne echte Hausnummer. Aber nachdem der Bankmanager für seine 3 Anzüge auch schon 36000 Baht bezahlt hatte, erscheint uns das durchaus fair. Und meine Maßanfertigung bei Dolzer war ja nix gewesen. Also lassen wir uns vermessen und bekommen für 17:30 Uhr einen Fittingtermin. Wir wundern uns sehr und Michael, unser Schneider erklärt uns, dass er rund 30 Schneider hat, die alle arbeiten, er bekommt das auf jeden Fall vor dem Abflug alles fertig. Okay, let´s see. Wir gehen derweil den nächsten Tempel anschauen und unser tuktuk Fahrer überredet uns dann, uns doch bei einer einstündigen Tour mit dem Langboot auf dem Fluss zu entspannen – mit einem Thai Ticket, keinem Touristenticket. Das hört sich super an! Haben wir in Krabi ja schon mal gemacht und das war echt nett. Er fährt uns da also hin und die geschäftstüchtige Frau erklärt uns, dass wir einen Fotostop bei einem Tempel haben, eine Fischfarm sehen, einen Floatingmarkt und das echte Leben der Bangkoker am Fluss. Kosten soll der Spaß 1200 Baht pro Nase. Hat die sie noch alle!? Wir haben in Krabi 500 bezahlt für eine Stunde zu zweit – wir löhnen doch keine 2400 Baht für eine Stunde Flussfahrt! Zumal wir kein Geld mehr holen möchten. Da meine Barclaycard ja nicht funktioniert, muss ich alle Abhebungen über die Ing machen – und da fallen sehr saftige Gebühren an! Deshalb haben wir wenige Male eher mehr Geld abgehoben anstatt dauernd kleine Beträge. Und da wir morgen die Heimreise antreten, wäre es echt blöd, nochmals abheben zu müssen.
Wir lassen uns dann doch beschwatzen, die Fahrt zu machen und geben ihr 1600 Baht dafür. Ich ärgere mich aber, weil ich bei Get your Guide für unter 5€ einen ganzen Tag HoponHopOff mit Boot und tuktuk gesehen hatte – naja, Bangkok zieht uns bissl über den Tisch – hoffentlich nicht auch unser Schneider. Bezahlen mussten wir nämlich sofort. Ich kann es auch verstehen, denn wenn die erst Mal anfangen, die teuren Materialien zu verarbeiten und dann kommen die Touris nicht mehr, ist ja auch blöd. Auf der anderen Seite bezahlen wir, ohne irgendeinen Beweis für die Qualität zu haben.






Nach der Flussfahrt, die ein totaler Reinfall ist (der Floatingmarkt entpuppt sich als EIN schwimmendes Langboot mit totalem Ramsch), eine Fischfarm gibt es garnicht, auch nicht den Fotostop beim Markt, also ein reines Geschipper einmal rundum – ohne irgendwelche Erklärungen oder sonstwas. Total bescheuert, dass wir uns das haben aufschwatzen lassen. Und dann werden wir beim Wat Pho abgesetzt – also nicht an der gleichen Stelle wie die Tour anfing, so dass wir uns bei der Frau garnicht beschweren können. Zwei Französinnen, die mit uns im Boot sitzen frage ich beim Ausstieg, was sie denn bezahlt hätten und sie meinte, dass es hätte 2400 Baht kosten sollen, sie die Tour dann aber für 1800 Baht bekommen hätten – und das soll die günstigste Anbieterin gewesen sein. Ich schwindle, dass wir genauso viel bezahlt haben, weil ich weiß, dass ich mich tierisch darüber geärgert hätte, wenn es andersrum der Fall wäre. Aber jetzt erst mal zum legendären liegenden Buddha in Wat Pho. Jochen hat so garkeine Lust mehr auf Tempel und so bleibt er draußen im Schatten sitzen, während ich die echt große Tempelanlage erkunde.






















Der liegende Buddha ist schon eine imposante Erscheinung. Auch die ganzen bunten Stupas drumherum sind sehr sehenswert. Ich frage jetzt den ganzen Tag immer schon, ob ich denn fotografieren dürfe. Mag nicht nochmals in ein Fettnäpfchen treten. Ist aber nirgendwo ein Problem mehr.
Es ist aber dennoch so heiß, dass ich nach einer halben Stunde genug hab und wir beschließen, dass wir nun endlich nach Chinatown stiefeln wollen. tuktuk ist passé – wir fühlen uns genau wie in Phuket wieder über den Tisch gezogen. Irgendwie schaffen die es immer wieder, einem noch was aufzuschwatzen, was man garnicht wollte. Sind da einfach noch nicht abgebrüht genug.
Auf dem Weg nach Chinatown liegt nach unserem Plan auch der Sempong Market, in dem wir uns dann recht lange aufhalten. Was es da wieder alles zu sehen und zu kaufen gibt! Mich erinnert er an die Souks von Istanbul und Marrakesch.







Sind eindeutig mehr Einheimische als Touris hier – das ist schon mal gut. Jochen glaubt, dass wir uns schon in Chinatown befinden, aber ich denke eher nicht. Ist aber auch egal. Denn die Zeit wird knapp. Um 17:30 Uhr sollen wir beim Schneider für eine Anprobe eintrudeln und davor müssen wir noch duschen. Gut, dass der Schneider nur 5 Gehminuten vom Thanabhumi (unserer Unterkunft) entfernt ist. Wir sind echt spät dran und Jochen verzweifelt fast, als ich noch 2 Polizisten, die da rumstehen anspreche wegen Patchtausch. First things first – ist immerhin unser einziger Tag in Bangkok und da muss man schon Mal Einsatz zeigen. Nach ewigen Diskussionen und unter Hinzuziehung eines weiteren Mannes, der mit seinem Handy wen anruft und ich dann irgendwann einen perfekt deutschsprechenden Jack am Apparat habe, sieht es so aus als würde das mit dem Bangkok Patch auch noch klappen. Ich verbinde mich auf Whatsapp mit Jack und eile Jochen nach, der echt mega genervt ist – der Zimmerschlüssel ist nämlich in meinem Rucksack :-). Ich bin ja nicht fürs Zuspätkommen, aber wenn wir bei 50t Baht 5 Minuten später eintreffen, sollte das für niemanden ein Problem darstellen – am Allerwenigsten für den Schneider. Und so ist es auch.
Jochens Hemd passt wie angegossen, die Hose muss noch angepasst werden. Das Gleiche gilt für meine beiden Kleider und sein Sakko. Ich bin schon mega skeptisch muss ich sagen. Zumal keine Zeit mehr ist für eine finale Anprobe ist. Sie schneidern alles fertig und schnüren das dann als bordingtaugliches Paket für uns. Die große Überraschung gibt es dann zuhause. Es wäre mega ärgerlich, wenn dann doch was nicht passt. Aber gut: Vertrauen wir mal ….

Um kurz nach 9 meldet sich eines der fleißigen Schneiderlein per WhatsApp bei mir um mir zu sagen, dass er so hart daran arbeitet, alles fertigzubekommen und dass er plant, um halb 11 bei uns zu sein. Um 10 Uhr rum erhebt sich dann ein Geschrei im sonst so ruhigen Haus. Ich gehe raus in den Flur und frage das Mädel im Treppenhaus, ob alles okay ist. Ihre Freundin, die von oben aus dem Zimmer rausgestürmt kommt, macht eindeutige Gesten, dass da irgendwas ist, was nicht da sein sollte. Ich denke natürlich direkt an eine Spinne, aber sie verneint. Auf jeden Fall traut sich keine mehr hoch. Ich bekomme raus, dass es sich um ein Tier handelt und gehe mal nachsehen. Kann ja so schlimm nicht sein. Und was ist es: Ein großer Gecko an ihrer Zimmertür. Also ein richtig großer Gecko! Ich frage, ob ich ihn für sie wegmachen soll und die eine erklärt mir dann ganz panisch, dass die beißen. Echt jetzt? Geckos beißen? Wusste ich nicht … sie zeigt mir ein YouTube Video, in dem man sieht, wie sich so ein Gecko (gleiche Größe) in einem Unterarm verbeist. Ja gut …. dann halte ich mich doch eher zurück mit der Rettungsaktion :-))). Da ich den Vermieter auf Whatsapp hab, funke ich ihn an, dass er die Mädels retten müsse ;-)).


Selbst für ihn ist es dann aber eine harte Nuss, den Gecko mithilfe eines Handtuches und eines Besens vom dritten Stock ins Erdgeschoss und aus dem Haus zu befördern. Ich stehe derweil unten vor der Tür und warte auf den Schneider. Hab also zusammen mit der Jugend Plätze in der ersten Reihe bei diesem Schauspiel. Ich biete Bally meine Hilfe an, aber er bekommt das auch so hin.
Als der Gecko endlich draußen ist und die Mädels wieder drin, sehe ich, dass das Tier doch echt aggressiv ist – klar, wird total verängstigt oder verärgert sein nach der Tortur, aber der faucht richtig!. Die kleine Katze von Bally findet das sehr spannend. Sehr zum Leidwesen ihres Herrchen, der mir sagt, dass er sich ernsthaft um ihr Wohlergehen sorgt, wenn sie nicht vom Gecko wegbleibt. Echt erstaunlich. Ich hab das Tier richtig unterschätzt.
Um 22:45 Uhr liefert Ajay uns dann per Scooter wie versprochen unsere maßgeschneiderten Klamotten beim Thanabhumi ab und ich widerstehe der Versuchung, doch mal reinzuschlüpfen. Erstens müssen wir jetzt dringend ins Bett und zweitens wäre dann die kunstvolle Packtechnik zunichte.
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