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Zwei heiße Tage folgen unserem ersten klimatisierten Tagestrip. Aber Amritsar ist wirklich eine schöne Stadt – okay, wir sind natürlich auch mitten im Altstadtkern, keine 5 Fußminuten vom Goldenen Tempel entfernt. Amritsar liegt im Punjab, einem weiteren Bundesstaat Indiens. Und ich muss sagen, bis jetzt gefällt mir dieser am Besten. Ich hab gleich am ersten Tag festgestellt, dass es hier anders riecht. Ich bin ja sehr geruchsempfindlich. Aber hier riecht nicht nur das Essen anders, auch der unterschwellige Geruch, den man in jeder Stadt wahrnehmen kann ist hier eher Waschmittel oder Duftessenzen anstatt Fäulnis und Kanalisation, was wir oftmals in anderen Teilen Indiens erlebt haben. Irgendwie erinnert mich die ganze Szenerie in Amritsar an Nordafrika. Hier laufen doch tatsächlich Männer mit Turban, Gesichtsbinde, Speer und Schwert rum. Es fasziniert mich immer wieder, wie gegensätzlich hier alles ist. Die Männer mit Turban und Schwert gehören den Khalsas an, einer sehr traditionsbewussten Gruppe der Sikhs – ihr erinnert euch an den Mann, der unter mir geschlafen hat im Zug? Also unter mir nicht wörtlich gemeint – hahahahaha…. Auf der Liege unter mir meinte ich natürlich. Der gehörte auch den Khalsas an.

Die Sikhs, die hier im Punjab beheimatet sind, sind in erster Linie Geschäftsmänner. Deshalb kommt mir hier vielleicht auch alles etwas weniger ärmlich vor. Ich finde auch die Ladenbesitzer und Taxifahrer nicht aufdringlich. Sie fragen einen, ob man ihre Dienste möchte, aber wenn man dann freundlich verneint, dann ist auch gut. Haben also ihren Stolz. Gefällt mir.

Wir spazieren durch die Altstadt und kommen an einen Park, in dem 1919 ein Massaker stattgefunden hat, durchgeführt bzw. befehligt von einem General Dyer, einem englischen Militär. Die ganze Anlage zeigt dieses Massaker auf vielfältige Weise und es ist sowohl informativ als auch sehr berührend. Diese Dinge passieren auf der ganzen Welt, ist mir schon klar. Aber ich finde es schön, in welcher Weise es hier aufgearbeitet und für die Nachwelt hinterlassen wird.

Abends gehen wir wieder zum goldenen Tempel, der einfach nur traumhaft schön ist. Es ist 2 Tage nach Vollmond und der Mond steht direkt über dem Tempel – ein absoluter Traum! Mit einer Profikamera hätte man sich hier total austoben können. Aber gut: Ich bin wie immer mit meinen IPhone Bildern auch sehr zufrieden.

Mich spricht eine ältere Frau an, lächtelt mich die ganze Zeit an und streicht mir über den Arm und so. Ich gebe ihr zu verstehen, dass ich nichts verstehe – hahaha. Also wirklich garnichts. Das ist denke ich kein Hindi. Als ich Viji zu Hilfe rufe, unterhalten die beiden sich angeregt und wechseln auf Hindi, wo ich dann mitbekomme, dass Viji ihr erklärt, dass ich verheiratet bin und drei Kinder habe. Ich lass die beiden quasseln – Viji erzählt mir später alles Wichtige und freue mich weiter an den fantastsichen Wasserspiegelungen. Als Viji mir danach erzählt, dass die Frau meinte, ich sehe wie die perfekte Jungfrau aus und dass sie denkt, sie wollte mich gerne in ihrer Familie verkuppeln, verschlägt es mir schon etwas die Sprache. Ist echt lustig. Demensprechend geschockt war die alte Frau, dass ich nicht mehr so jungfräulich bin, wie sie dachte – hihi.

Trotzdem es hier echt wieder affig heiß ist, gefällt mir Amritsar sehr sehr gut. Ich frage mich nur, wie das so läuft mit den jungen Mädels. Stellt euch mal vor, die ältere Dame hätte einen Fang gemacht mit einer anderen Mutter oder Tante oder so. Dann hocken die also zusammen und verhandeln die Zukunft des Mädels. Und das wird dann vielleicht mit so einem Berbertyp (genau an die Berber in Marokko hatten mich die Khalsa erinnert) verheiratet, der 20 Jahre älter ist. Nee, wahrscheinlich nicht, aber irgendwie kommt mir an dem Abend meine Lektüre von „Angélique“ in den Kopf und die Zeit im 18. und 19. Jahrhundert, als in Nordafrika die Sklavinnen auf dem Sklavenmarkt von alten fetten Berbern aufgekauft und in ihre Harems verschleppt wurden. Keine Ahnung, aber ich bekomme diese Bilder einfach nicht aus dem Kopf. Muss hier ja garnicht so sein, aber meine Assoziationen gehen in die Richtung. Und ich frage mich, wie Intimität hier aussieht. Wenn ich einen Mann habe, der sich nie nackt ausziehen darf, sondern immer was auf dem Kopf und seine Unterhose anbehalten muss und sein Dolch um. Glaube, das wäre ein echter Erotikkiller für mich – hihihi.

An dieser Stelle vielleicht nochmal ein Disclaimer. Der Blog ist für mich und für meine Familie und Freunde. Ich teile hier in erster Linie meine eigenen Erinnerungen und vor allem meine Gefühle in Bezug auf Reisen. Mit dieser Reise sind ja nun scheinbar viele indische Freunde und Verwandte von Viji auf diesen Blog gekommen. Ich werde deshalb aber nicht anders schreiben als sonst auch. Wer also schockiert ist über meine Gedanken zur Sexualität bei den Khalsas, der darf einfach aufhören zu lesen. Dies ist immer noch mein Blog und in dem bestimme ich die Regeln – und schreibe, was mir wichtig ist ;-))).

Das nur mal so am Rande.

Gestern sind wir dann morgens nochmals durch die Stadt geschlappt und haben uns einen ganz tollen Lassi gegönnt. Die haben hier echt supertolle Lassis. Ich mag die am liebsten ungezuckert und vor allem ungesalzen. DAS ist übrigens eine ganz scheußliche Angewohnheit hier: Selbst in Zitronenlimo ist neben Zucker auch Kala Namak drin, das indische Schwefelsalz. Grauenhaft, schmeckt mir garnicht. Ich hab zuhause auch Kala Namak und benutze das ja z.B. für veganen Eiersalat oder als Salz auf Avocados – da ist es herrlich. Aber in Lassis oder Limos mag ich es überhaupt nicht. Dafür hat der Lassiverkäufer uns viel von der eher festen Masse, Malai genannt. Das ist sowas wie der dicke Rahm, der sich auf dem Joghurt bildet. Leeeecker!!

Um die Mittagszeit geht es los in Richtung Busbahnhof, wo uns ein ähnlich abgeranzter Bus wie kürzlich nun in 7 Stunden nach Dharamasala bringt.

Und je höher wir in die Himalayaregion kommen, desto kühler wird es sowieso – und desto voller wird der Bus. Der transportiert nämlich nicht nur Menschen, sondern auch Waren. Der Schaffner macht hier ein gutes Zusatzeinkommen mit dem Mitbringen von Dingen aus Amritsar, die es hier nicht gibt. Da ist ne Menge an Essen dabei, was der so ausliefert. Wir kommen mit einer Stunde Verspätung an und sind froh, dass uns die Jungs vom Mountain and Moon einen Fahrer geschickt haben und dann auch die letzten Meter, die man nicht mit dem Auto ans Hotel rankommt unsere Backpacks tragen. Echt goldig die Jungs. Sind zwei Cousins, die hier den Laden schmeißen wie es aussieht. DA Viji total müde ist, ordern wir Essen vom Hotel und ich gönne mir seit Wochen das erste Mal Fleisch: Chicken Korma – sooo lecker. Kein Reis, kein Naan, kein Roti.. nichts. Einfach nur eine Schüssel Chicken Korma. Exzellent im Geschmack liegt mir das Essen dann aber doch so sehr im Magen, dass ich sehr schlecht schlafe. Denke, mein Körper mag abends auch kein Fleisch mehr verarbeiten – zumal er das ja eh nicht gewohnt ist. Aber ich hab grad voll die Gelüste darauf. Will aiuch noch Chicken Birjani und Tandori Chicken essen. Ja… sorry. Aber ich gebe meinem Körper grad alles, wonach er verlangt. Solange ich nicht zum Vampir mutiere ist alles okay.