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Tag 10, 18.08.23 – Bada Imambara – und die nächste Tourifalle

Arpana hat nun heute doch ein Meeting um die Mittagszeit und wir sitzen bzw. ich liege den Vormittag eher rum. Wir fahren dann auf eigene Faust los, um die 2 Moscheen und das berühmte Rumi-Tor anzuschauen. Als wir aussteigen vor dem Bada Imambara, werden wir – wie immer – von Guides belagert. An was keiner von uns gedacht hat: Heute ist Freitag. Und es ist gleich Mittagszeit. Die Moschee hat also für den Durchgangsverkehr geschlossen. So ein Mist. Dafür haut uns ein Pferdekutschehalter an, dass wir doch mit ihm eine Tour machen können und er zeigt uns ein paar tolle Sachen. 45 Minuten geht die Tour, soll nur 100 INR kosten. Bei mir klingeln alle Alarmglocken. Die Sache ist sowas von faul. Viji findet die Idee gut und ich sage ihn: Keinerlei Werbeveranstaltung, okay? Seine Antwort: Keine Werbeveranstaltung. Ich versichere mich nochmals: Versprochen? Ja, versprochen.

Was soll ich sagen: Keine 20 Sekunden später erklärt er Viji, dass er uns auf der Tour – ganz am Ende – noch die Gelegenheit geben möchte, die Chickan Kunst von Lucknow (eine bestimmte Art von Muster, dass hier überall genutzt wird) anzuschauen. Wusste ich es doch. Der Dreckspatz! Für Viji sollte die ganze Reise aber ja auch eine Inforeise bezüglich ihrer Selbständigkeit im Textilbereich werden und darauf weist sie mich auch hin. Was soll ich da noch sagen. Als ich erwähne, dass wir gerade wieder in eine Touristenabzocke laufen, meint sie nur, ich sei manchmal viel zu argwöhnisch gegenüber den Menschen. Hahaha… also wenn jemand naiv und gutgläubig ist, dann ich. Aber da ich auf meinen Reisen diese ganzen Touren schon exakt gleich miterlebt hab, weiß ich, dass ich Recht hab. Will mich aber nicht streiten. Mir geht es eh nicht so gut und von daher bin ich froh, dass wir für 100 INR sitzen und zumindest die Sachen von außen anschauen können. Nach ca. 10 Minuten fährt der Wagen in einen Hof und als ich Viji darauf aufmerksam mache, dass das doch erst am Ende der Tour kommen sollte, meinte sie, ja es wäre halt auf dem Weg hat er erklärt. Ich gehe mit rein, bin aber betont die ganze Zeit am Handy und würdige die Sachen keines Blickes. Die Typen gehen mir sowas von auf den Sack mit ihrer Masche. Und siehe da: Direkt ím Anschluss werden wir – noch nicht mal am Anfangspunkt – wieder rausgeworfen. Das nächste Touriopfer wartet immerhin schon. Was soll´s. Ich bin ja genauso: Manche Sachen muss man einfach selbst mal erlebt haben, um es zu glauben. Hoffe aber, dass wir jetzt langsam alle Tourifallen durch haben. Wegen sowas wollen wir uns nicht in die Haare bekommen und das versprechen wir uns auch. Sind ein echt tolles Team bislang und bis wir durch sind mit unserem Backpacking Trip wird auch Viji jeden Lump schon von Weitem erkennen – hihihi.

Schön ist, dass ich meine braunen Ledersandalen wieder mal geflickt bekomme. Da es irre heiß ist – für mich von innen wie von außen, gehen wir zurück ins Hotel und ich geh direkt ins Bett. Merke, dass ich Fieber habe und will einfach nur schlafen.

Tag 11, 19.08.23 – Bada Imambara – der zweite Versuch

Wieder alles durchgeschwitzt. Beim Frühstück belasse ich es bei einer kleinen Schüssel Papaya. Kann sonst nichts essen. Irgendwann am späten Vormittag gehen wir nochmals zur Moschee. Aparnas Fahrer bringt uns direkt dorthin und wir nehmen uns auch hier wieder einen Führer – man erfährt einfach viel mehr, wenn man einen Guide hat. Ich werde auf der Eingangstreppe wieder angesprochen wegen Selfies. Diesmal ist es eine Jungsgruppe. Ich versteh es zwar nicht ganz, aber gut: Wenn es sie glücklich macht, dann halt ein Foto. Allerdings merke ich auch, dass ich lieber im Bett geblieben wäre. Unsee Guide führt uns gekonnt durch das Labyrinth der Moschee und so sehr ich auch die ganzen Ausführungen immer liebe: Heute will ich es nur schnell hinter mich bringen. Alle paar Meter will ich mich hinsetzen. Der Guide zieht mich hierhin für ein Foto und dahin und will besonders tolle Bilder machen. Ich träume indessen einfach nur von meinem Bett.

Schade um die Tour, aber irgendwann versteht auch der Guide, dass ich seinen Ausführungen nicht mehr folgen kann. Viji ist wie immer ganz um mein Wohl besorgt und kümmert sich rührend darum, dass ich sitzen kann und Wasser hab und so weiter. Wir fahren schnurstracks ins Hotel zurück und das war es dann auch für mich. Ich ermutige Viji – wie schon am Tag davor – dass sie doch auf eigene Faust rausgeht. Abends will sie sich eh mit einer Freundin treffen, von daher muss sie sich um mich keinerlei Sorgen machen. Ich bin ja froh, wenn ich meine Ruhe habe und schlafen kann. Völlig unnötig, dass ihr Tag dann auch versaut ist.

Und so geht sie erstmalig ohne mich auf Tour und ist total begeistert: Endlich mal kann sie ganz unbehelligt als Inderin in Indien unterwegs sein. Ihr wird durch diesen Nachmittagsbummel in der Mall bewusst, wie schön es eigentlich ist, alleine unterwegs zu sein. Ja, versteh ich schon. Mit mir ist das immer irgendwie mit ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verbunden. Nicht, dass ich darum bitten würde, aber es ist einfach so, dass immer sofort alle Guides und sonst was ankommen. Sie muss mit niemanden feilschen und bekommt im Gegenteil sogar ganz tolle Hilfe, als es mit dem Wechselgeld für die Metro nicht klappt. Ich freue mich sehr für Viji, dass der Nachmittag so ein Genuss war.

Abends trifft sich Viji noch mit einer Freudin und deren Familie und darf sich wieder durch eine Menge sehr leckeres Essen durchprobieren. Seit wir hier sind, haben wir beide abgenommen. Ich jetzt eh durch die Krankheit, aber auch Viji sieht schon schlanker aus. Mir würde sie das aber eh nicht glauben, von daher hab ich ihr das bislang nicht nicht gesagt, aber las sie heute wiederkommt von ihrer Tour stellt sie das selbst fest und dann kann ich es auf jeden Fall bekräftigen. Bislang ist der Trip für uns beide eine wirklich sehr schöne und ausgewogene Reise. Einzig diese verdammte Hitze bringt uns noch um. Backpacking im Sommer in Indien ist so ziemlich die dümmste Idee,, die man haben kann – stellen wir fest. ist ganz bVon daher bin ich glücklich, dass das klappt mit ihrer Freundin und bis auf die Rezeption, die mich per Haustelefon aus meinem Schlaf reißt, um nachzufragen, ob ich was brauche (JAAA; RUUUUHEEEE) bin ich völlig ungestört.

Viji hat einen richtig tollen Abend mit der Familie ihrer Freundin und ich bin froh, dass sie das nicht abgesagt hat. Die Freunde hätten mich auch gerne getroffen, weil der Mann dann seine Deutschkenntnisse wieder hatte einstudieren können, aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben, oder?

Das einzige was etwas nervig ist, ist dass ich meine eigene Behandlung dauernd rechtfertigen muss. Viji will sogar den Arzt holen. Ein grippaler Infekt dauert aber nun mal: Mit Tabletten 7 Tage und ohne eine Woche. Also … Für jeden funktioniert das Gesundwerden anders und für mich ist Wasser und Fasten am allerbesten. Ich kann auf der anderen Seite verstehen, dass es für eine Freundin schwierig ist einfach zuzusehen, wie jemand kränkelt und nicht helfen zu können. Aber gut, auch dieses Thema klären wir mit Bravour. Im Hotel bereiten sie mir auf Vijis Anweisung hin einen indischen Tee aus Ingwer und Pfeffer (das hab ich rausgeschmeckt, Rest weiß ich nicht) zu und ich trinke zumindest ein kleines Tässchen, damit endlich Ruhe ist. Hätte aber doch einfach meinem bekannten Genesungspfad folgen sollen, denn das scharfe Zeug ist nichts für meinen leeren Magen. Das Wasser ist wesentlich bekömmlicher. Aber gut: Ich habe es zumindest versucht. Morgen Abend wollen wir weiterziehen mit dem Nachtzug nach Haridwar, von daher schlafe ich so gut es geht.

Tag 12, 20.08.23 – Late Check out mit Hindernissen und Nachtbus nach Haridwar

Check out ist um 12 Uhr und wir beschließen, dass wir den Tag noch dazubuchen, weil ich unter keinen Umständen von 12 bis 20 Uhr zur Abfahrt des Busses irgendwo in der Hitze warten kann. Aparna kommt vorbei und meint, wir müssen nichts bezahlen für den Late Checkout. Wie süß. Sie ist schon echt eine Hilfe wie es aussieht.

Nach einer kleinen Schüssel Papaya – wieder mal – geht es zurück in die Falle und ich danke Gott für jede Sekunde, die ich in der Waagerechten liegen kann. Mein Kreislauf ist total im Keller. Bin so geschwächt, dass ich den Eindruck hab, ich fall gleich um. Echt irre, oder?

Das Drama beginnt, als Viji mittags die Rechnung bezahlen will und statt der 1000 INR auf einmal 2200 INR pro Nacht auf der Rechnung stehen. Viji ist auf 180. Och nöö … was ist denn jetzt los? Als wir eingecheckt haben hatte ich auf meinem Handy die Übersicht der Preise gezeigt und dem Rezeptionsstaff gesagt, dass wir basierend auf dem Next Day Hotels buchen möchten. Gleiches Spiel wie ich das immer mache: Ich checke die Plattformen, buche aber – wenn es so spontan ist wie in diesem Fall – nicht über die Plattform sondern laufe direkt beim Hotel ein und frage sie nach dem Preis. Denn sie sparen sich ja die Plattformkosten. Der junge Mann an der Rezeption meinte aber ja, die Bezahlung würden wir mit Aparna regeln.

Das rächt sich nun: Denn auch Aparna kann nichts machen – und so wird der Hotelbesuch doch um einiges teurer als geplant. Hach ja … manchmal ist das Altbewährte einfach doch am Besten. Viji ist ziemlich sauer, was schade ist. Ich wünschte, das Ganze würde jetzt nicht so unschön enden. aber es geht ihr ums Prinzip. Ja, stimmt schon. Wir hätten ja buchen können.

Am Ende beschließen wir aber, dass wir uns davon nicht die gute Laune verderben lassen und kommen auf den letzten Drücker an unserem Sleeperbus an. Die Kabinen sind dieses Mal super eng. Da wir unsere Rucksäcke mit in die Koje nehmen, bleibt kein Platz, um sich auszustrecken. Also kürzer und enger. Dafür mindestens 12 Stunden in diesem Bus. Der dieses Mal übrigens auch keine Toilette hat. Wie schön …. Mit einer Stunde Verspätung geht es dann los und wir dösen vor uns hin.

Um 2 Uhr nachts machen wir eine Pinkelpause irgnendwo im Nirgendwo und als ich aussteige merke ich schon, dass ich mega wackelig auf den Beinen bin.

Nach der Toilette lege ich mich draußen einfach nur auf den Boden. Viji ruft, dass alles da ganz dreckig sei, aber ich kann es nicht ändern. Sonst fall ich um. Kalter Schweiß rinnt mir am ganzen Körper runter und Viji zusammen mit einer besorgten Mitreisenden organisieren Kekse und einen fürchterlich schmeckenden Chai für mich. Irgendwann geht es weiter und trotzdem ich total gerädert bin, schafft es der durchgeknallte Busfahrer, mich mit seinem langanhaltenden Gehupe dauernd wieder ins Hier und Jetzt zu holen. Was für eine Pfeife. Ich könnte ihm den Hals umdrehen. Am Abend hatte er in vollster Lautstärke auf einmal die Radiosender durchprobiert. Ich dachte, mein Schwein pfeift. Im NACHTBUS … SLEEPERBUS…. der Name sagt ja schon alles. Nee, nee, nee… Lucknow war schon so ne Nummer …. Hätten wir uns irgendwie auch sparen können.