5:45 Uhr klingelt der Wecker und ich marschiere 5 Minuten später gerichtet und angezogen mitsamt meinen Yogasachen in Richtung Therapiezentrum. Nach der Verabschiedung kann ich dann direkt in die Halle rüber. Mein neues Yogakissen, dass ich mir über Amazon Indien direkt hierher habe liefern lassen, wiegt stolze 3 Kilo. Ist also schon Exercise, das Teil in die Yogahalle zu bringen :-). VJ habe ich das gleiche bestellt.

Das Auto wartet schon, Aman und Jayasree ebenfalls, nur die Mädels sind noch nicht ganz fertig. Verladen ist wohl schon alles. Auch Rachel gesellt sich zu uns und kurz darauf ist es dann soweit und wir müssen uns trennen. Noch ein letztes Selfie im Morgengrauen und dann heißt es Abschied nehmen. Wie immer sehr rührend, aber es ist schön, Freunde in diesem Teil der Welt zu wissen.
Beim Yoga heute habe ich einen Schwächeanfall und falle beinahe um – ich war in einer Pose, bei der ich schnell gemerkt habe, dass mir der komplette Kreislauf abrutscht – und ich war garnicht so weit hinten wie auf dem Bild. Wir sollten nur knien, Hände in die Hüften und dann Rücken und Kopf nach hinten biegen. Da ich hier zu den Beweglichsten gehöre, hab ich es vielleicht etwas übertrieben, auf jeden Fall hatte ich gar keine Zeit zu reagieren, weil alles auf einmal kam: Rauschen in den Ohren, absacken zur Seite und dann saß ich auch schon so halb. Ist nix passiert und ich hab mich eine Minute lang hingelegt, dann ging es wieder. Mein Kreislauf ist heute ziemlich am Boden – das fühl ich. Werd aber nix sagen, sonst sagen sie das Basti ab für heute. Also nicht, dass jemand denkt ich bin irgendwie pervers und freu mich auf nen Einlauf, aber ich hab ja schon zuhause viel davon gehalten und wenn ich jetzt noch Medizin direkt an den Ort meines Immunsystems appliziert bekomme, dann will ich diese Gelegenheit auch nutzen.

Ich habe heute echt einen straffen Vormittag. Um 8 Uhr kommt das Labor zum Blutabnehmen. Also sie wären eh gekommen – denke, wegen meiner Schilddrüsenwerte – und außerdem habe ich beschlossen, mir hier in Indien einen kompletten Vitaminstatus geben zu lassen. In Deutschland hab ich mal einzelne Werte bestimmen lassen und da liegt einer bei zwischen 15 und 40€ – je nachdem um welchen Wert es sich handelt. Hier bezahle ich für den kompletten Bluttest 3500 INR, was ca. 44€ entspricht. Hatte vorgestern schon Dr. Maya darauf angesprochen und sie meinte, dass sie sowieso immer den B12 und den Vitamin D-Spiegel bestimmen lassen. Ja gut, mein Vitamin D-Spiegel interessiert mich auch brennend. Nach meinem Selbstversuch vor ein paar Jahren mit der mehrmonatigen Hochdosistherapie, deren Fortführung mit ein völlig entsetzter SAP-Arzt nach Erhalt meiner Blutwerte damals untersagt hat :-))) habe ich ja nichts mehr genommen. Meine Pufferspeicher für Vitamin D sind ja quasi schon übergelaufen. Bin sehr gespannt, wie schnell sich das bei Nichteinnahme von Präparaten dann verbraucht.
Zum Frühstück soll ich nur eine halbe gekochte Banane bekommen, dann meine 1. Anwendung und direkt danach den großen Einlauf. Keine Ahnung, wieviel das ist, aber das kann von 500 ml bis 1 Liter alles sein. Ich kenne das ja, aber halt nur mit Wasser und nicht mit ayurvedischen Medikamenten. Bin sehr relaxt. Wir warten, aber weder meine Banane noch das Labor kommen und Wanda organisiert zumindest mein spärliches Frühstück für mich, bevor wir dann einfach schon mal anfangen. Heute mal kein Podli (Kräuterstempel) sondern eine „normale“ Ganzkörper-Ölmassage, die mittendrin vom Labor unterbrochen wird – Wanda deckt mich ab und die Schwester kommt rein zum Blutabnehmen. So ölig wie ich bin, schlage ich ihr vor, dass sie auf den Stauschlauch verzichtet – meine Adern sind gut, klappt auch so. Glaub, da ist sie nicht unglücklich drüber :-))). Witzig irgendwie diese Unterbrechung. Pflaster drauf und weiter wird massiert :-).
Danach komme ich – oh welch Überraschung – in die sogenannte Steambox“. Hab aus dem Internet mal ein Foto rausgesucht:

Die ist mit einer Gasflasche und einer Art Pfeifenkessel verbunden und damit wird da drin ordentlich Dampf gemacht. Man sitzt dann also auf einem Hocker in dem Teil und nur der Kopf schaut raus. Ringsum wird alles mit einem großen Badetuch abgedichtet, so dass sich der Körper richtig aufheizt. Ist irgendwie wie Sauna – dazu hab ich noch ne schöne Aussicht aus dem Fenster. Wenn jetzt noch Jochen da wäre und mir Saunamed verwedelt, wäre ich im siebten Himmel :-))). Die Dämpfe sind aber auch irgendwie nicht nur Wasser und Wanda erklärt mir, dass da ayurvedische Kräuter drin sind. Ich schwitze wie ein Schwein und frage mich, wieviel Wasser der Boden des Holzkastens wohl aufnehmen kann, bevor er anfängt zu schimmeln. Ich meine, der Boden ist auch aus Holz, zumindest das was meine Füße ertasten – kann ja nicht runtergucken. Die Steambox kommt immer vor dem großen Basti zum Einsatz, weil der Körper dafür heiß werden soll, lerne ich. Na mir soll es recht sein. Könnte das jeden Tag machen – also die Dampfbox, nicht den Einlauf :-).
In meinem Zimmer erwarte ich Wanda – noch immer eingeölt und in mein Lungi (Tuch) gehüllt, duschen soll ich jetzt natürlich nicht – und bin dann etwas verwundert, als Wanda und Jayasree reinkommen. Ist also in der Tat eine größere Geschichte.
Plastiktischedecke auf dem Bett ausgebreitet und dann geht das ganz ohne Spektakel vonstatten. Tut nicht weh, ist nicht mal unangenehm. Jayasree massiert mir den Bauch, außerdem muss ich gymnastische Übungen im Liegen machen – Basti-Yoga sozusagen – damit sich alles schon verteilen kann. Sie fragt mich mehrmals ob ich was merke, aber ich kann es halten. Nach vielleicht 7 oder 8 Minuten darf dann alles raus und – das ist schon irgendwie ein wenig merkwürdig und unangenehm – die beiden bleiben im Raum. Also nicht im Klo, aber in meinem Zimmer. Es passiert mitunter, dass die Leute ohnmächtig werden, deshalb fragt Jayasree auch immer wieder, ob alles okay ist. Ich sage ja, aber so ganz wahr ist das nicht. Mein Kreislauf … ich will aber auf keinen Fall eine von den beiden bei mir im Klo stehen haben :-). Ich kann einfach noch nicht runter von der Schüssel – immer wieder kommt Nachschub und so langsam merke ich, dass ich leer werde. Darmtechnisch von unten und bluttechnisch von oben. Ich kenne das ja, das man bei Kreislaufschwäche anfängt zu schwitzen. Mir rinnt in Tropfen der Schweiß am ganzen Körper entlang. Am liebsten würde ich mich auf den Boden setzen oder noch besser legen, aber das geht ja nicht. Also durchhalten. Als ich der Meinung bin, dass sich mein Darm quasi nach außen gestülpt hat soll ich mich abduschen, aber ohne Shampoo. Nur abduschen, in ein Tuch hüllen und dann frühstücken. Ich muss mich erst Mal hinlegen, bin etwas weiß um die Nase. Mein Frühstück, das ausgesprochen lecker und viel aussieht ist schon da, aber ich hab grad so überhaupt keinen Hunger. Brauche erst mal 5 Minuten, während derer Jayasree bei mir wacht. Als ich mich dann hinsetzen kann, füttert sie mir die ersten Löffel was ich irgendwie süß, aber auch witzig finde. Als ich dann die Teetasse nehmen will, weiß ich warum. Meine Hände zittern immer noch. Das geschulte Auge hat das vor mir gesehen ;-). Heute bekomme ich mal Reis – zum ersten Mal glaube ich seit meinem allerersten Tag. Brauner Reis mit zwei verschiedenen Gemüsecurrys und einer Rote-Beete-Soße – zu schade, dass ich vor lauter Elend vergessen habe, das zu fotografieren. Schaffe nur die Hälfte und lege mich dann wieder in die Falle, da kommt schon der Putztrupp vorbei – ach shit: Heute wollen sie ja mein Bett frisch beziehen. Das wollten sie schon beim letzten Mal, da hab ich aber auf heute verschoben. Finde nicht, dass ich alle 4 Tage neue Bettwäsche brauche. Unnötige Verschwendung kostbarer Ressourcen. Mache ich zuhause ja auch nicht. Also plumpse ich zurück in meinen Sessel und warte bis das Bett frisch bezogen ist. Da lass ich mich dann reinfallen und bin so kaputt, dass es mir sogar egal ist, dass das zweite Kissen noch nicht bezogen und der Putztrupp noch nicht fertig ist. Putzen dann also um mich rum – mir wurscht heute. Mein Körper will ruhen.
Mittagessen darf ich nicht in der Yogahalle einnehmen, soll heute den ganzen Tag ruhen. Dann mache ich das auch. Da mich Rachel wieder auf die Bilder von der Bootstour angesprochen hat, kann ich sie nicht länger vertrösten. Hatte ihr die bewusst noch nicht geschickt, weil ich ja erst das Fotobuch fertigstellen wollte. Also schicke ich ihr den Link und sage ihr, dass ich ein Geschenk für sie habe. Sie freut sich riesig darüber 🙂 – und ich mich damit auch. Schenken ist so schön :-))).

Als ich mich ausgeruht habe, schaffe ich es endlich mal, meinen Blog auf den Vordermann zu bringen bis das Mittagessen kommt und hab dann alle Zeit der Welt für ein Nickerchen. Das Mittagessen ist wieder bescheiden in der Portion wie immer:

Draußen schüttet es, was das Zeug hält – wird uns wieder haufenweise Moskitos bescheren. Habe aber Gott sei Dank keine im Zimmer gehabt bis jetzt.
Endlich komme ich auch mal dazu, die Hochzeitsbilder von Falko und Kathi anzuschauen. Mein Gott, sind die schön geworden. Also ich meine, die ganze Hochzeit war toll, aber mit den Fotos kann ich jetzt nochmal richtig schön reinfühlen in das Event. Würde ja gerne hier ein paar Bilder posten, vor allem von „meiner“ kleinen Ersatz-Enkelin, aber ungefragt mach ich das mal lieber nicht ;-).
Um 16 Uhr hab ich echt Kohldampf. Ich frage bei Jayasree mal vorsichtig an, was ich denn heute zum Abendessen bekomme. Hoffentlich nicht nur Suppe. Mein Magen und alles darunter ist ja quasi leer. Sie schickt mir Prasana mit einem Teller Wassermelone vorbei – was für ein Fest. Danach ist wieder ruhen angesagt. Braucht mein Körper heute echt.
Zum Abendessen komme ich mal raus aus meinem Loch – ist ja immerhin der letzte Abend mit Rachel. Sie bringt Karten mit und wir spielen zu viert noch 2 Runden Macciavelli, bevor wir uns dann verabschieden. Ganz interessant: Weder im Indischen noch im Hebräischen gibt es ein Wort für Lebewohl – es gibt inhaltlich nur ein Wort wie Auf Wiedersehen. Im Indischen sagt man statt tschüss: Ich komme wieder. Ist ähnlich in Israel. Ich hab mal gecheckt: Ryanair fliegt von Karlsruhe direkt nach TelAviv in 4 Stunden – 2 Mal die Woche. Da ich schon immer gerne mal nach Israel wollte, nur immer dachte, dass es mit der Bombenstimmung dort vielleicht etwas riskant ist und Rachel mir diesen Zweifel erfolgreich (und schnell) ausgeräumt hat :-), werde ich wohl TelAviv auf meiner Bucketlist ziemlich weit nach vorne schieben. Vielleicht nicht unbedingt vor meinem Trip mit Patricia im Mai nach Südkorea, aber ich lass das auf mich zukommen und schau mal.
Rachel und auch die 3 Parisiennes werden um 1 Uhr nachts abgeholt, also stelle ich mir den Wecker – vermeintlich – auf 0:45 Uhr. Um 0:51 Uhr werde ich glücklicherweise wach und schaffe es gerade noch rechtzeitig, alle zu verabschieden. Da wir nur so kurz Zeit haben, wird es glücklicherweise unemotionaler als ich befürchtet hatte. Wir sehen uns definitiv wieder. Irre, wenn ich überlege, was ich für Anlaufstellen auf der Welt durch diesen Aufenthalt hier habe. Allein Indien ist so groß, dass du dein ganzes Leben damit verbringen könntest, Urlaub hier zu machen, ohne dass es langweilig wird. Sonne in Kerala, Schnee in Kashmir – alles vertreten hier. Tolles Land – aber Deutschland ist ja eigentlich auch echt toll – ich schätze nur immer die Exotik der anderen Länder mehr ;-).
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