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Heute geht es zeitig los zu den Ouzoud Wasserfällen, die mit 110 Metern die höchsten Nordafrikas sind. In einer Gruppe mit zwei lustigen Ladies aus UK und einem spanischsprechenden Pärchen, das leider kein Englisch versteht, fahren wir in einem Kleinbus los.

Die dreistündige Hinreise ist recht kurzweilig, weil wir noch an Bildern von gestern feilen. Als wir die Ebene verlassen und das Altasgebirge erreichen, beginnt der ungemütliche Teil des Tages. Karim unser Fahrer fegt sicher aber für meine Begriffe viel zu schnell durch die Kurven. Mein Magen streitet sich mit meinem Gleichgewichtssinn und am Ende ist mir einfach nur kotzübel. Die Tatsache, dass wir ganz hinten im Bus sitzen, trägt auch nicht wirklich zur Entspannung bei. In Ouzoud angekommen darf ich feststellen, dass es anderen in der Gruppe genauso gegangen ist. 

Landschaftlich ist es sehr schön hier. Olivenhaine soweit das Auge reicht, der Fluss Ouzoud sorgt für große Fruchtbarkeit. 

Mohamed, unser lokaler Guide erklärt uns, dass hier quasi alles von selbst wächst. Ouzoud selbst hat nur rund 3000 Einwohner, gefühlt allerdings nur maximal 300, weil viele außerhalb des Ortskerns leben. Die Häuser sind eher so hingewürfelt, mal fertig, mal Ruine und es ist nicht klar, ob im Aufbau oder Verfall befindlich. Rotbrauner Lehm ist hier das vorherrschende Baumaterial – und immer wieder mal Farbtupfer in Form von Fassadenverzierungen, einem schönen Geländer oder Blumen, die sich entlang ranken. Durch die erdigen Farben betten sich die menschlichen Behausungen ganz harmonisch ins Landschaftsbild.

Es ist total ruhig und friedlich hier – scheint, als wären Mensch und Natur noch im Einklang hier.

Wir begleiten den Fluss ein Stück und Mohamed macht uns auf verschiedene am Ufer aufmerksam. Die quirlige Brenda aus UK ist super witzig. Wir lachen uns schlapp, weil sie so wirklich gar nichts sieht. Keine Schildkröte, keinen Frosch, einfach nichts… Nachdem sie sogar lauthals an deren Existenz zweifelt, führt Mohamed sie in dem verzweifelten Versuch, auch ihr die Tiere näherzubringen, um einen Busch herum näher ans Ufer. Zeitgleich hat die Schildkröte offensichtlich den Entschluss gefasst, diese Ignoranz mit Nichtbeachtung ihrerseits zu strafen und lässt sich ins Wasser plumpsen. Und Brenda? Sieht jetzt tatsächlich nichts und fühlt sich bestätigt in ihrer Annahme, es hätte sich nur um einen Stein gehandelt, den wir ihr als Tier verkaufen wollten. Wir witzeln noch viel um die Statistenrollen der Frösche, die sie natürlich auch nicht sieht, bis unser Guide wirklich mit dem Stock ganz ran geht und das Tier fast schon aus dem Schlamm hebt…. ich könnt mich kugeln. Es waren einfach nur ein paar Tiere am Ufer, aber dank der trockenen Komikerart von unserer Mitreisenden war das Ganze höchst unterhaltsam. Susie findet eine junge Granatapfelfrucht:

Es ist ein bisschen schade, dass Victoria und Ismail nur Spanisch sprechen, was außer Mohamed kein anderer von uns kann. So wird viel über Mimik und Gestik und munterem Drauflosplappern gelöst – Erklärungen zu Flora und Fauna übersetzt der Guide dann immer wieder mal extra für sie.

Da wir Interesse daran zeigen, machen wir noch einen Abstecher zu einer Farm, auf der Arganöle in Bioqualität von einheimischen Frauen hergestellt und vertrieben werden. Die Dame dort erklärt uns nicht nur den Herstellungsprozess, sondern auch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und rattert Symptome und Anwendungen herunter wie nichts. Sie sitzt zwar an ihrem „Arbeitsplatz“ und mahlt die Samen, aber für mich hätte sie mit ihrer Brille und ihrem gelehrten Autreten genauso gut in einer Uni vor Studenten stehen können. Wer möchte, darf selbst mal Hand anlegen und die einfache Steinmühle bedienen.

Geschmacklich ähneln die Samen Mandeln – mit der Bitterkeit von Aprikosenkernen. Das Ganze ist ein Kooperationsprojekt vieler Frauen, die landesweit eine Bioproduktion unterhalten. Auch hier wieder viele Späße zu den zu erwartenden Wirkungen. In dem kleinen Shop (überdachter Freisitz eher) beginnt dann die Qual der Wahl. Meine Frage, was denn in der Antifaltencreme drin ist, was in der normalen nicht ist, kann die Dame leider nicht beantworten. Das Gleiche gilt für meine Fragen zu Diabetes und Pigmentflecken. Nun ja, ich beschließe, meine Falten und Pigmentflecken als Teil von mir liebevoll zu akzeptieren und auf vielleicht minimierende Pflege zu verzichten – noch kann ich mir das ja leisten, wie ich finde. Dank knallharter Platzrestriktionen (man erinnere sich: Das Gepäck besteht nur aus einer Handtasche), findet nur ein kleines 100ml Fläschchen reinen Öls den Weg in den Paul’schen Besitz. Brenda wird das selbsterklärte Versuchskaninchen für die Pigmentsalbe und droht mit ihrer Rückkehr, falls sie sie nicht wie erwartet von ein paar Fleckchen im Gesicht befreien würde. Sie sieht großartig aus, von daher macht das Mittel sicherlich keinen großen Unterschied, aber mit ihrem Witz reist sie am Ende echt die Show. Ich bin total froh, dass wir das Angebot unseres Riads, eine Privattour zu buchen ausgeschlagen und uns für die Gruppentour entschieden haben – was wäre uns sonst nur entgangen heute!

Etwas weiter des Weges kaufen wir einem jungen Mann Kaftane ab, die sich im Nachhinein zwar als sehr bequem, aber qualitativ echt schrottig herausstellen. Nicht nur das: Dank der ungeplanten Ausgaben sind wir nahezu pleite und Geldautomaten sind hier nicht zu finden. Brenda und Susie bieten an, uns Geld für das Mittagessen zu leihen – dank Paypal ist sowas ja kein Problem heutzutage. Ich fühle mich trotzdem unwohl im Wissen darum, so gut wie nichts mehr in der Tasche zu haben. Aber gut, selbst schuld….

Auf dem weiteren Weg zu den Wasserfällen gibt es unzählige schöne Stellen für Fotos und nachdem schnell klar wurde, dass wir die Fotoaffinen der Gruppe sind, obliegt es mir, die meisten Bilder zu machen – wenn ich nicht grad mit drauf bin.

Ärgerlicherweise schleppt Jenny ganz umsonst die lotterleere GoPro mit sich rum, was wir aber erst feststellen, als wir sie an einem Abgrund zum Filmen von oben gebraucht hätten. Das ist das große Manko an der Kamera, was mir schon in Bali auffiel. Vielleicht bin ich auch einfach zu doof zum Bedienen, aber gefühlt ist der Akku nach einem Ausflug immer schon leer. Blöd, wer dann nicht lädt….

Die Wasserfälle sind atemberaubend und wir können es kaum erwarten, uns in die Fluten zu stürzen. Endlich angekommen, lassen wir uns von einem der Flöße bis in die Mitte des kleinen Sees rudern.

Die umliegenden Felsen bieten viele Möglichkeiten zu springen, was von den Einheimischen unter dem Jubel der Touristen auch fleißig wahrgenommen wird.

Mir stockt kurz der Atem, als sich an einer völlig unübersichtlichen Stelle ein Tourist versuchen will, es dann aber nach einigen „Ich trau mich, ich trau mich nicht“-Versuchen sein lässt. Puhhh. ….   ich hab ihn schon an den Wänden aufschlagen sehen.

Jenny und ich sind die Einzigen, die aufs Schwimmen vorbereitet sind und so stürzen wir uns vom Floß ins kalte Nass.

Herrlich…. schade nur, dass wir relativ schnell wieder auf das Floß müssen, auf dem die anderen auf uns warten. Der Ruderer fährt uns dann noch so dicht an den Wasserfall ran, dass am Ende alle durch die Gischt pitschnass sind, was insbesondere bei Victoria nicht gut ankommt. Sie macht trotzdem gute Miene zum bösen Spiel, aber da ich nicht möchte, dass sie den Rest des Tages sauer ist, erkläre ich dem Guide, dass er uns nicht wegen eines Fotos bis fast hinter den Wasserfall führen muss – sehr zum Leidwesen vom Jenny, die damit ein grandioses Fotomotiv flöten gehen sieht, aber ebenfalls einsieht, dass wir allen gerecht werden müssen.

Wir trocknen ein paar Minuten, bevor wir dann am Ufer unsere neuen Kaftane überziehen, die sich bei diesen Temperaturen als äußerst angenehmes und luftiges Kleidungsstück erweisen.

Mohamed führt uns in eines der Restaurants, wo wir den besten Platz auf der Terrasse mit direktem Blick auf die Wasserfälle bekommen.

Was wir nicht wissen: In den umliegenden Bäumen, die sich unterhalb der Terrasse an die Felsen schmiegen, sitzen Berberaffen, die sich darauf spezialisiert haben, ihre Nahrung direkt von den Tischen zu klauen.

Und so ist es der Brüller des Tages, als sich mir von hinten eine Affenmutter mit Baby am Bauch nähert, um sich mein abgerissenes Stück Brot neben dem Teller zu mopsen. Ich sitze seitlich am Geländer, an dem sich der Affe hochgeschwungen hatte und bin total perplex. Mein Brooooot…. als sich der Affe dann noch das fast ganze restliche Fladenbrot aus dem Brotkorb klauen will, greife ich beherzt zu und will es ihm wieder wegnehmen, bin dann aber doch nicht schnell genug. Der ganze Tisch brüllt angesichts meines verdutzten Gesichts und meines vergeblichen Brotrettungsversuches. Da sowieso mehr oder weniger geteilt wird am Tisch macht es nichts aus, aber die Affen sind gerade so richtig in Hochform und ziehen am Nebentisch sogar einen Teller mitsamt Inhalt von Tisch und Terrasse. Mohamed lockt die Affen mit Bananenstückchen weg, so dass wir zumindest in Ruhe zu Ende essen können. Ich brauche nicht zu erwähnen, wohin die Pommes- und andere Reste vom Nachbartisch gewandert sind, als die Gruppe schließlich aufbrach, oder? Hier muss man mit dem Abräumen nur lange genug warten, dann sind die Teller ratzeputz leergefegt. Biomülltonnen auf Beinen.

Zum Schluss machen wir noch ein paar „affige“ Bilder, bevor es auf den Rückweg geht.

Wir kommen dann auch ziemlich erschlagen am Auto an, wo uns Karim wieder in Empfang nimmt. Auf der Rückfahrt setzt er mich als Magenschwache extra noch vorne und so darf ich die volle Aussicht in einem nun gemäßigteren Tempo genießen. Jenny, die neben mir sitzt, sortiert derweil schon Bilder aus und bearbeitet diese für den Rest der Gruppe. Sehr effizient, aber ich kann nicht mal einen Blick aufs Handy riskieren geschweige denn ihrem eifrigen Treiben folgen, wenn ich nicht riskieren will, die Windschutzscheibe von innen zu verzieren. Da ich merke, dass es Brenda hinter mir nicht gut geht, lassen wir halten und Jenny tauscht mit ihr bereitwillig. Den Rest der Fahrt verbringen wir zwei  angeregt schwatzend, so dass wir abgelenkt sind von eventuellen Unpässlichkeiten durchs Fahren. Bis wir wieder in Marrakesch ankommen, habe ich das Gefühl, eine Freundin neben mir zu haben und dementsprechend herzlich ist dann auch der Abschied. Vielleicht sieht man sich ja morgen in einem Hammam wieder. Meine Ambitionen, das Mittagessen zu bezahlen, sind übrigens gescheitert, weil Brenda darauf besteht, uns eingeladen zu haben – wie süß! Sollte ich nochmals nach Manchester kommen, werde ich sie sicherlich besuchen.

Nach einer Erfrischung und Ruhepause im Riad beenden wir den Abend bei einem schlechten Abendessen im Cafe KifKif…

Eigentlich waren es der Name und die gute Bewertung, die uns dort hingezogen haben, aber das Essen ist echt mittelmäßig bis schlecht und als wir beim Bezahlen gefragt werden, ob es gut war, kann ich einfach nicht lügen. Sorry …  Ausgesehen hat es zumindest gut. Sowohl das Essen…

…. als auch die Location:

Das Cafe liegt direkt an einem großen Platz, der heute Abend für den Verkehr gesperrt ist und auf dem sich Tausende Muslime zum gemeinsamen Gebet versammelt haben. Morgen ist Fastenbrechen nach Ramadan und die nächsten drei Tage stehen im Zeichen ausgiebiger Familienfeiern, die ungefähr mit extended Thanksgiving zu vergleichen sind. Ist schon beeindruckend, wenn sich die ganze Menschenmasse im Einklang niederkniet und wieder aufsteht.

Diesem Treiben konnten wir immerhin eine Weile von unserem erhöhten Sitzplatz im Restaurant aus zuschauen.

Ein toller Tag und ein fantastischer Ausflug! Unbedingt empfehlenswert für alle, die mehr als nur die Souks sehen möchten.